- Paulus-45 -



Optisch passend zum UKW-Tuner im "Radiomann-Gehäuse", dem "Paulus-UKW", wollte ich einen passenden Verstärker bauen. Dazu hatte mir mein Nachbar ein Radiomann-Gehäuse mit doppelter Breite angefertigt. Viel Platz hat man dabei allerdings nicht, was die Auswahl möglicher Verstärkerkonzepte einschränkt.....

Ein alter Traum war es immer gewesen, einen SE-Amp mit der 45 aufzubauen, also versuchte ich diesen Weg. Da ich nur ein Gehäuse hatte, durfte allerdings absolut nichts schief gehen. Herausgekommen ist dann dies hier, ein Verstärker im Fensterbankformat:


Frontansicht

Rueckansicht

Beschriftung


Für die ersten Experimente hatte ich mir einen Probeaufbau auf einem Holzbrett gebastelt. Insgesamt hat mir dieser Aufbau etwa 3-4 Jahre täglichen Musikgenusses ermöglicht....


Probeaufbau


Die Spannungsversorgung erfolgte von extern, durch Wandel&Goltermann-Netzteile. Zwischenzeitlich wurde die Schaltung immer wieder geändert und mit anderen Vorstufenröhren probiert. Neben der elektrischen Funktion stellte ich auch einige Ansprüche an die Optik der Vorstufenröhren. Sie sollten im Design zur 45 passen, moderne Röhren passen einfach nicht zu einem Radiomann-Gehäuse. Allerdings gibt es nicht viel Auswahl an Trioden oder Pentoden im Globe-Style. Die meisten Trioden haben eine zu geringe Verstärkung und bei Pentoden/Heptoden etc. störte mich die Gitterkappe. Ein mehrstufiger Aufbau wäre ideal gewesen, war aber aus Platzgründen nicht zu realisieren. So blieb ich bei der REN914 (W4110) als Vorstufenröhre hängen. Ein amerikanisches Äquivalent hätte zwar besser gepaßt, allerdings habe ich keine US-Röhre mit vergleichbaren Daten und ähnlich hoher Verstärkung finden können.




Nachdem die Schaltung nun stand ging es an den mechanischen Aufbau. Die Überlegungen dazu haben mich einiges an Zeit gekostet, schließlich mußte ja alles in das Gehäuse passen. Besonders der Netztrafo war dabei ein Knackpunkt. Von einer alten Wägeelektronik hatte ich noch eine 2,5mm-Aluplatte im Schrott, die gerade noch groß genug war und nun als Chassis benutzt wurde. Auf dem nächsten Bild sieht man das Chassis mit bereits montierten Fassungen und eingesteckten Röhren. Die Knöpfe für den Eingangsschalter und das Lautstärkepoti liegen probeweise auf.


Chassis von oben



Die folgenden Bilder zeigen das Chassis von der Unterseite. Netztrafo, Ausgangsübertrager, Siebdrossel und Netzteilelkos sind bereits montiert oder liegen probeweise auf. Eingangsschalter und Lautstärkepoti sind ebenfalls bereits montiert. Die Siebdrossel war in ihrem ersten Leben ein Netztrafo, wurde komplett umgewickelt und mit einer Haube versehen. Das Poti stammt aus einem alten Autoradio und die Elkos aus einem defekten PC-Netzteil oder Frequenzumrichter. Die beiden AÜs hatte ich mal auf einem Röhrenbuden-Stammtisch erworben. Der Netztrafo ist ein SM65-Schnittbandkerntyp. Er stammt aus einem F&G-Computernetzteil und wurde komplett umgewickelt. Trafos mit EI- oder M-Schnitt waren bei der benötigten Leistung zu groß und hätten unten aus dem Gehäuse herausgeschaut, Ringkerntrafos paßten vom Durchmesser nicht hinein und wären mit Poti und Schalter kollidiert.


Chassis von unten

Chassis von unten

Chassis von unten



Für die ersten Verdrahtungen läßt sich das Gehäuse prima als Montagerahmen benutzen. Am Trafo ist bereits die Leiterplatte zur Gitterspannungserzeugung angebaut.


Chassis von unten



Die Verkabelung der rückseitigen Anschlußbuchsen ist dann schon etwas fummeliger. Wie eng es im Gehäuse zugeht zeigen die nächsten Bilder.


Unterseite

Unterseite

Unterseite

Unterseite



Der Schaltplan ist nicht sonderlich aufregend. Um nicht noch mehr Leistung vom Netzteil zu benötigen (und im Gehäuse in Wärme umzusetzen) werden die 45-Endröhren mit fester Gitterspannung betrieben. Über ein Poti läßt sich die Gitterspannung, und damit der Ruhestrom, für jede Röhre separat einstellen. Der 1 Ohm-Widerstand im Katodenkreis der 45 dient zur Messung bei der Einstellung des Ruhestromes. Bei einer Betriebsspannung von etwa 280V werden die Röhren nicht an ihrer Leistungsgrenze betrieben, bis 300V Ua wären möglich. Die 45er-Röhren hatte ich mal für kleines Geld bei ebay/USA ersteigert. Der Verkäufer hatte sie mit weak (schwach) gekennzeichnet, was sie aber weder auf dem Prüfgerät noch in der Schaltung sind (möglicherweise war sein Prügerät defekt?. Mittlerweile haben sie bei mir schon hunderte Stunden gelaufen und tun es immer noch. Der Schaltplan des Verstärkers (Mit einem "klick" auf das Bild erscheint es im Großformat!!)


Schaltplan:



Die Leistung des Verstärkers ist nicht allzu hoch, sie dürfte bei etwa 1,5 bis 2W pro Kanal liegen. Für meine Hornlautsprecher ist dies völlig ausreichend, Disco-Lautstärke bekommt man damit aber nicht hin.






Frank Kneifel war so nett den Verstärker einmal für mich durchzumessen. Nachfolgend die entsprechenden Messreihen und Franks Kommentar dazu:

Der Frequenzgang sieht am Widerstand als Last schlimmer aus als er ist, der -3dB-Punkt liegt bei 15kHz, darüber liegen noch etwa 2 Töne bis 20kHz. An einem Breitbandlautsprecher sieht er wieder bedeutend besser aus (Impedanzanstieg wegen der Schwingspuleninduktivität), hier liegt der -3dB-Punkt bei ca. 23kHz. Also an einem Breitbänder ohne Korrekturglied optimal. Der Klirr ist recht hoch, laut Messauswertung kommt der Klirr von der Vor- bzw. Treiberstufe. Hier solltest Du nochmals Hand anlegen. Die Vor- bzw- Treiberröhre arbeitet laut Messung recht unlinear. Dazu später noch ein Nachtrag.


Der Frequenz- und Phasengang am Messwiderstand:


Frequenzgang-R


Frequenz- und Phasengang am 8-Ohm-Testlautsprecher (Hinweis: der Verstärker ist für 4 Ohm):


Frequenzgang-L


Klirrfaktor am Messwiderstand:


Klirrfaktor


Klirrspektrum am Messwiderstand:


Klirrspektrum






Nachtrag



Frank Kneifels Messungen hatten einwandfrei den Schwachpunkt des Verstärkers aufgedeckt. Laut Datenblatt darf der Gitterableitwiderstand der 45 bei fester Gittervorspannung max. 100 KOhm betragen, was eine starke Belastung fü die W4110 bedeutet. Die Röhre hat zwar eine hohe Verstärkung kann aber nur wenig Strom liefern. Frank hatte auch eine Idee wie man diese Situation verbessern könnte. Das Ziel wäre den Gitterableitwiderstand zu erhöhen und den Ruhestrom über eine Regelschaltung konstant zu halten. Frank sandte mir dazu einen Auszug aus der Mai-Ausgabe der GlassWare von 1999 zu, in der einige Ideen zu diesem Thema aufgeführt waren.

Ein paar Abende lang habe ich mich damit beschäftigt und verschiedene Schaltungen ausprobiert. Herausgekommen ist die nachfolgend gezeigte Änderung, die eine erhebliche Verbesserung bedeutet. Der Gitterableitwiderstand konnte auf 1 MOhm erhöht werden und es ist sogar noch Verstärkungsreserve für eine Gegenkopplung vorhanden.


45_Version2