- Recycling-Amp, der PCL805 Verstärker -
Seit Ewigkeiten lagen zwei kleine Ausgangsübertrager auf meiner Werkbank herum, die beim Aufräumen wieder zum Vorschein gekommen waren. Bevor sie aber nun wieder in irgendeine Ecke gestopft werden, wo sie nur verstauben würden, beschloss ich damit etwas zu bauen. Also habe ich die Dinger mal genauer untersucht. Es waren SE-Übertrager mit etwa 9,5 KOhm Primärimpedanz und Wicklung zur Brummkompensation, wobei diese Brummkompensationswicklung bei einem der Aüs defekt war. Vermutlich stammen die Aüs aus einem Röhrenradio mit der ELL80 oder EL95 in der Endstufe. Mit beiden Röhren würde ich nichts bauen wollen, was könnte man alternativ nehmen?
Ein paar Tage vorher hatte ich in Jogis Röhrenbude den Bericht von Frank Kneifel über seinen PCL805-Verstärker gelesen. Frank verwendete zwei PCL805, als Triode verschaltet, für einen SE-Parallel-Verstärker an einem Aü mit 5KOhm. Dann sollte doch auch eine PCL805 bei etwa 10KOhm funktionieren. Schnell war eine kleine Schaltung zusammengefrickelt, die paar Bauteile an einer Fassung verlötet und das Ganze ausprobiert. Das klappte auf Anhieb und hörte sich dabei sogar verdammt gut an. Danach stand der Plan fest, ein PCL805-Vertärker in Triode-Mode. Es sollte kein "High-End-Teil", aber trotzdem gut werden. Gebaut möglichst nur aus Resten, was die Werkstatt und die Bastelkiste hergab. Das ist auch fast gelungen....
Da ich eh gerade beim Aufräumen war habe ich mir dann noch die Zeit genommen und zwei kleine Ringkerntrafos untersucht, die auch schon seit Monaten auf der Werkbank rumlagen. Sie stammten aus einer geschlachteten Steuerung einer Holztrocknungsanlage und hatten (was für ein Zufall) jeweils zwei Wicklungen mit 18,7V im Leerlauf, also genau passend zur Beheizung der PCL805 mit 18,5V. Ein paar weitere Teile waren dann schnell zusammengesucht. Viel Platz braucht man nicht und der Deckel eines alten Karteikastens könnte das neue Gehäuse werden, Abdeckbleche von I/O-Einheiten lagen auch noch rum, PCL805 hatte ich früher aus Fernsehern gerupft und als Fassungen kamen flanschlose Noval-Fassungen zum Einsatz, wie sie üblicherweise für die EM80/84/85 in Röhrenradios verwendet wurden. Eine Kaltgerätebuchse aus einem alten PC-Netzteil und Cynch-Buchsen aus einem geschlachteten HiFi-Gerät gab es auch noch. Die erste Teilesuche ergab dann diese Ausbeute:
Den Karteikastendeckel hab ich dann zunächst nachgeleimt, geschliffen und in rot matt lackiert. Ein kleines Töpfchen rote Farbe musste zu diesem Zweck gekauft werden, übrigens das Einzigste was gekauft werden mußte. Das fertig lackierte und getrocknete Gehäuse gefiel mir dann aber garnicht und so habe ich es noch mit einer Schellackpolitur versehen, danach sah es richtig klasse aus. Die Schellackpolitur gibt eine hochglänzende Oberfläche wie man an den Spiegelungen der Knöpfe auf einigen der Fotos sehen kann. Zwei seitlich montierte Griffe von alten Schubladen peppen es optisch auf und lassen es nicht so kastig aussehen. Die Platzierung der ganzen Bauteile wollte dann gut überlegt sein, da die beiden Bleche sämtliche Schrauben abdecken sollten. Mit provisorisch eingesetzten Fassungen und anmontierten Abdeckblechen sah es dann so aus:
Für das Netzteil wurden Elkos aus geschlachteten PC-Netzteilen verwendet. Da sie nur für 200V sind müssen jeweils zwei Stück in Reihe geschaltet und mit Ausgleichswiderständen versehen werden. Eine kleine Drossel unbekannter Herkunft fand sich auch noch im Fundus und wurde für das Netzteil verwendet. Ein 10 Ohm NTC, ebenfalls aus einem alten PC-Netzteil, verhindert ein Durchbrennen der Netzsicherung im Einschaltmoment. In der Bastelkiste fand sich auch noch ein logarithmisches Poti mit Anzapfung und die Knöpfe stammen von irgendeiner geschlachteten Messmimik. Für den Boden hab ich noch ein Stück Lochblech gefunden, es hätte noch etwas größer sein können und paßt so gerade. Der Verstärker von unten:
Für die Front habe ich aus einem Stück alten Messingblechs noch ein Schildchen geätzt. Und so sieht der Verstärker nun von vorn bzw. hinten aus:
Im Gehäusebereich unterhalb der beiden Blechplatten habe ich noch einige Löcher gebohrt. Die beiden Platten sind auf Abstand montiert damit die Luft durch das Gehäuse zirkulieren und durch die Schattenfuge entweichen kann. Das verhindert einen Wärmestau im Gehäuse. Als optischen Gimmick sind noch jeweils drei grüne LEDs unterhalb der Blechplatten montiert. Sie leuchten, sobald ein Katodenstrom durch den Pentodenteil der PCL805 fließt. Dadurch sehe ich auch, dass der Verstärker eingeschaltet ist. Die beiden Bleche habe ich dann noch gelb lackiert. Der fertige Verstärker in Betrieb:
An der Schaltung des Verstärkers gibt es nichts sonderlich aufregendes. Der Ruhestrom durch die PCL805 ist so gewählt, dass er in etwa dem Ruhestrom der EL95/ELL80 entspricht. Für diesen Strom sind die übertrager gewickelt worden und viel mehr möchte ich ihnen auch nicht zumuten, dann würde auch der Spannungsfall an ihnen zu groß. So betrieben erzeugen die beiden hintereinander geschalteten Trafos nach Gleichrichtung und Siebung eine Ub von etwa 230V. über dem Pentodenteil der PCL805 liegen dann noch ca. 190V an, bei einem Ruhestrom von etwa 23mA. Die maximale Verlustleistung der PCL805 wird mit diesen Werten daher nicht ausgeschöpft. Mehr ist aber auch nicht drin, denn eine Erhöhung des Ruhestromes würde ein Absinken der Ub nach sich ziehen. Der Gleichstromwiderstand von etwa 500 Ohm der verwendeten Drossel ist dafür zu hoch, die Drossel ist also alles andere als optimal. Der Schaltplan:
Fazit: Auch wenn es nur eine kleine Bastellei zur Resteverwertung werden sollte, so ist dabei doch ein sehr gut klingender kleiner Verstärker entstanden. Die Leistung ist sicher nicht allzu groß, aber für mich völlig auseichend. Jedenfalls hat es eine Menge Spaß gemacht und insgesamt nicht einmal 5 Euro (für die rote Farbe) gekostet.
Frank Kneifel war so nett den Verstärker einmal für mich durchzumessen. Nachfolgend die entsprechenden Messreihen und Franks Kommentar dazu:
Der Frequenzgang sowie der Klirr liegt in ordentlichen Bereichen. Hier würden Änderungen nur noch kosmetische Auswirkungen haben. Alles in Allem ein ordentlicher Verstärker mit dem kleinen Röhrchen.
Der Frequenz- und Phasengang am Messwiderstand:
Frequenz- und Phasengang am 8-Ohm-Testlautsprecher (Hinweis: der Verstärker ist für 4 Ohm):
Klirrfaktor am Messwiderstand:
Klirrspektrum am Messwiderstand: